Samstag, 9. April 2005

Kairo

Meine Eltern haben gerade ihren Urlaub in Ägypten angetreten und sollten gestern im Laufe des Spätnachmittags in Kairo eintreffen und vielleicht auch den Basar besuchen. Man kann sich meinen Schrecken vorstellen, als ich die Nachricht über den Bombenanschlag gehört habe. Zwar war zuerst nur die Rede von Touristen allgemein und einem französischen Todsopfer, aber ein gehöriges Maß an Ungewissheit und Unbehagen bleibt doch. Per Handy waren sie nicht zu erreichen, hatten sich eigentlich bei uns melden wollen und dies nicht getan, Oma sprang im Dreieck.....Vom zeitlichen Überschlagen her war es eher unwahrscheinlich, dass sie so früh schon in der Stadt ankommen würden (wären? hätten? Häää.....Scheiß-Konjunktiv!!), aber wir wussten es eben nicht genau.
Irgendwann schließlich, als schon klar war, dass von dem Anschlag keine deutschen Urlauber betroffen waren, hab ich eine Antwort auf meine besorgte SMS bekommen: "Alles prima, sitzen am Pool, schön warm hier usw.", aaahjaa. Hörte sich ganz so an, als hätten sie in ihrer behaglichen Reisegruppe überhaupt nichts mitbekommen von den Ereignissen. Was durchaus nicht unwahrscheinlich ist. Natürlich war ich extrem erleichtert, ist schon was anderes, wenn solche Ereignisse plötzlich in greifbahre Nähe rücken. Zumal mein reisenärrischer Vater vor der Abreise ein für ihn untypisches Beklemmungsgefühl hatte.....
Das alles bringt mich mal wieder zu der bisher unbeantworteten Frage, ob man sorglos immer und überallhin in Urlaub fahren sollte, wohin man möchte. Gibt es ethisch-moralische Einschränkungen, die bestimmte Reiseziele ausschließen sollten? Wenn ja, wo setzten diese an? Immerhin waren meine Eltern ja nicht als Rucksacktouristen in Kaschmir unterwegs, sondern wollten einfach nur unter deutschsprachiger Führung die Pyramiden sehen. Soll man sich von potentiellen (terroristischen) Bedrohungen vom Reisen abhalten lassen? Schließlich ist der Tourismus für viele Länder die wichtigste Einnahmequelle. Mal abgesehen davon, dass das Fernbleiben von Touristen auch ein politisches Signal an entsprechende Kreise ist. Ist es andererseits moralisch vertretbar, als dekadenter Westler arme Gesellschaften zu bereisen und sich dabei am besten noch ghettoartig in Hochglanzhotelburgen abzuschirmen? Ich kann große Reisesehnsucht sehr gut nachvollziehen: Wenn man die Welt und ihre entlegendsten Ecken sehen und erfahren will, soll man sich in diesem Bedürfnis von gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen einengen lassen? Soll man sein Vorhaben durchziehen, weil man es sich leisten kann? Ist es feige aber vernünftig, Reisen aus diesem Grund nicht zu unternehmen?
Ich hab keine eindeutige Antwort, wahrscheinlich liegt sie, wie so oft, irgendwo dazwischen.....

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